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Eishockey

Der Antti-Spekulant ist zurück

Antti Törmänen hat die letzte Saison krankheitsbedingt verpasst, jetzt steht er wieder an der Bande des EHC Biel. Der Finne erklärt, warum er detaillierter über seine Krebserkrankung spricht als über Eishockey und was er von der Bier-Liga hält.

Zurück im Trainerbüro: Antti Törmänen startet in seine vierte Meisterschaft als Headcoach des EHC Biel. Bild: Yann Staffelbach

Interview: Moritz Bill

Antti Törmänen, das letzte Mal, als wir uns für ein längeres Interview 
trafen, ging es um Ihre Krebserkrankung. Damals sprachen Sie sehr 
offen. Das war überraschend, denn man kennt Sie doch eher als wortkargen Gesprächspartner. Besonders wenn es um Eishockey geht, lassen Sie sich nicht in die Karten schauen. Warum? Befürchten Sie, dass die 
Gegner mitlesen?

Antti Törmänen: Nein, das ist es nicht. Natürlich hat der Gegner in einem Teamsport wie Eishockey einen grösseren Einfluss auf die eigene Performance als zum Beispiel beim 100-Meter-Sprint. Deshalb will ich nicht alle Karten offenlegen. Aber mein offener Umgang mit der Krankheit lag daran, dass es alleine um mich ging und nicht um meine Arbeit, die eine ganze Mannschaft betrifft. Wir Coaches stehen auf der Seite der Spieler und wollen sie nicht an den Pranger stellen. Und übrigens, haben Sie schon mal ein Interview mit Kari Jalonen (ehemaliger finnischer Trainer des SC Bern, die Red.) geführt?

Nein, aber ich habe mir von Kollegen sagen lassen, dass man sich mit nicht viel mehr als ein paar Jas und Neins begnügen muss.

Eben, es kommt auch auf die Perspektive an. Ich muss aber noch anfügen, dass ich zuerst nicht öffentlich über den Krebs sprechen wollte. Ich stellte mir das sehr anspruchsvoll vor. Gleichzeitig war mir bewusst, dass dies viele Leute interessierte. Tatsächlich spürte ich nach diesen Interviews eine Leere, weil ich realisierte, wo ich zu diesem Zeitpunkt stand. Trotzdem half es mir auch darüber zu sprechen, anstatt all die Gefühle in mich hineinfressen zu lassen.

Jetzt sind Sie sozusagen zurück 
im Büro. Wie fühlt sich das an?

Schön, sehr schön. Wir haben einen guten Zusammenhalt im Staff, alle haben mich während des letzten Jahres unterstützt. Umso schöner ist es nun, wieder mit ihnen zusammenzuarbeiten.

Und haben die Spieler eine Welcome-Back-Party geschmissen?

Oh nein, und das ist gut so. Die Situation ist ja nicht für alle Spieler gleich. Manche kennen mich und meinen Stil zu coachen von früher, für andere bin ich ein neuer Trainer. Doch für alle gilt es jetzt zu zeigen, was in ihnen steckt, welche Rolle sie in diesem Team übernehmen können.

Wie geht es Ihnen gesundheitlich? 
Sie sind während der Testspiele 
erstmals seit Langem wieder an 
der Bande gestanden.

Es geht gut, die letzten Tests im Spital lieferten gute Resultate. Diese Check-Ups werden mich noch viereinhalb Jahre begleiten. Auch ich habe die Testspiele als Vorbereitung genutzt, um zum Meisterschaftsstart bereit zu sein.

Sie haben eine ganze Saison pausiert. Könnten Sie sich ein Leben ohne professionelles Eishockey vorstellen und zum Beispiel nur noch zum Spass in einer Hobbymannschaft spielen?

Schwierig zu sagen. Dort geht es ja vor allem um das Zusammensein in der Garderobe, wo man ein bisschen Dummschwätzen, ein Bier trinken und dem Alltag entfliehen kann. Das ist eine gute Sache. Ich habe viele Freunde, die einem «normalen» Job nachgehen und es lieben, in der Bier-Liga zu spielen. Die sprechen mit demselben Enthusiasmus über ihre Spiele wie die Profis.

Aber verstehe ich Sie richtig: Das wäre nichts für Sie?

Sagen wir es so: Wenn ich einen normalen Job hätte, dann schon. Aber so würden mich die Leute erkennen, was dann schwierig sein könnte. In Finnland habe ich Kollegen, die nach ihrer Karriere hobbymässig spielten und sich gegen übermotivierte Gegner behaupten mussten, die sich halt gegen frühere Profis beweisen wollten. Das macht dann keinen Spass – und genau das sollte es ja.

Zurück zum professionellen Eishockey: Im Team figurieren einige neue Namen, speziell in der Verteidigung zählt man fünf neue Gesichter und ebenso viele Abgänge. Ist sie im 
Vergleich zur letzten Saison besser oder schlechter aufgestellt?

Schwierig zu sagen, ich war ja letztes Jahr nicht der Trainer …

… Aber sie haben alle Spiele gesehen.

Ja schon. Man kann natürlich zweifellos sagen, dass wir mit Janis Moser einen der drei besten Verteidiger der Liga verloren haben. Jede Mannschaft würde einen Spieler wie ihn vermissen. Zusammen mit Sämi Kreis sind das grosse Fussstapfen. Aber manchmal können Blumen oder Bäume erst richtig wachsen, wenn man andere wegschneidet. Es gibt offene Positionen, die zu einem positiven Konkurrenzkampf führen.

Sie waren sicherlich sehr glücklich, als Gaëtan Haas in Biel unterschrieben hat.

Natürlich war ich sofort davon angetan, als mir «Stoney» (Sportchef Martin Steinegger) erzählte, dass es klappen könnte. Ich mochte Haas’ Spielweise schon immer. Jetzt ist er in einem guten Alter, bringt viel Erfahrung mit.

Und er wurde sogleich zum Captain ernannt. Ist das nicht problematisch nach nur einem Jahr mit Kevin Fey 
in diesem Amt?

Das ist Ihre Meinung. Wir haben so entschieden, weil wir denken, dass es kurz- und langfristig das beste für das Team ist. Und das nimmt nichts von Kevin weg, er bleibt ein grossartiger Leader in der Kabine. Ohnehin zählt die Meinung jedes Spielers, bei uns braucht niemand ein C auf der Brust, um seine Inputs zu äussern.

In anderen Jahren hatte man nach der Vorbereitung ein klareres Bild, wo das Team steht. Heuer fehlten immer mehrere Stammspieler und man weiss nicht so recht, wie der EHCB Ausgabe 2021/22 einzuschätzen ist. Einverstanden?

Ja, wir waren nie komplett und vor zwei Jahren spielten wir zu dieser Zeit Champions League und waren deshalb bereits im Wettkampfmodus. Nun war der Ansatz ein anderer. Wir wollten nicht um jeden Preis gute Resultate erzielen, sondern Dinge ausprobieren und die Spieler testen. Entscheidend ist der Lernprozess und diesen habe ich in den letzten Wochen gesehen. Der Wille, es beim nächsten Mal besser zu machen, ist zentral. Natürlich klappt das noch nicht immer, es steht ja immer auch noch ein Gegner auf dem Eis.

Wo sehen Sie denn den EHC Biel 
dieses Jahr im Ligavergleich?

Wir sind in einer sehr guten Position. Das E von EHC kommt ja früh im Alphabet und das B von Biel ebenso. In der alphabetischen Tabelle sind wir also weit oben.

Sehen Sie, jetzt hüten Sie sich davor, etwas zu sagen, das eventuell auf Sie zurückfallen könnte.

Es wäre sinnlos, jetzt darüber zu spekulieren. Ich habe die meisten Teams noch nicht spielen gesehen. «Time will tell».

Die Klubführung hat die Top-6 als Ziel formuliert.

Darüber haben wir im Team noch nicht gesprochen. Die Saison dauert lange. «Let’s see».

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