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Chasseral

Jetzt dürfen Klassen kostenlos forschen

Seit Anfang Jahr sind Twann-Tüscherz und Leubringen/Magglingen Mitgliedsgemeinden 
des Naturparks Chasseral. Nicht nur die Kinder profitieren davon.

Schulkinder 
können durch Fachleute des Naturparks die Natur vor ihrer Haustür besser kennenlernen. Bild: zvg

Beat Kuhn

Der Nationalpark im Engadin ist in der ganzen Schweiz bekannt. Viele gehen dort wandern und freuen sich, wenn sie von den Wegen aus, die nicht verlassen werden dürfen, Steinböcke, Gämsen, Hirsche, Rehe, Murmeltiere oder Schneehasen erspähen, die sich in der naturbelassenen Umgebung wohlfühlen. Weit weniger bekannt sind die übrigen 19 Pärke, die es in der Schweiz heute gibt (siehe Infobox). Einer davon ist der Regionale Naturpark Chasseral, der sich um diese höchste Erhebung des Berner Juras im Dreieck zwischen Biel, Neuenburg und La Chaux-de-Fonds erstreckt. Letztes Jahr hat er sein 20-Jahr-Jubiläum feiern können.

Mit dem Jahresbeginn hat sich sein Gebiet auf einen Schlag um 20 Prozent erweitert: Flächenmässig fällt vor allem die Expansion Richtung Südwesten ins Gewicht, in die neuenburgische Gemeinde Val-de-Ruz, die vor acht Jahren durch den Zusammenschluss von 15 Gemeinden entstanden ist. Aus Seeländer Sicht interessant ist hingegen vorab die Expansion Richtung Südosten, denn diese umfasst Twann-Tüscherz und Leubringen/Magglingen. Damit hat der Verein Parc régional Chasseral neu 23 Mitgliedsgemeinden.

 

Hilfe im ökologischen Bereich

Die Gemeindeversammlung von Twann-Tüscherz habe dem Beitritt damals mit grossem Mehr zugestimmt, erinnert sich Gemeindepräsidentin Margrit Bohnenblust (SP). Gründe für diesen Schritt habe es viele gegeben: Der Naturpark nehme ökologische Vernetzungsprojekte vor, gebe Winzern und Landwirten die Möglichkeit, Produkte zu vermarkten, fördere die Sanierung von Trockenmauern und Wanderwegen, unterstütze öffentliche Verkehrsverbindungen, biete Schulprojekte für Umweltbildung an und helfe bei Subventionsgesuchen. Auch gebe er Tipps für ökologische Massnahmen. «Da geht es um Dinge wie Stein- oder Asthaufen für kleine Tiere, Nistkästen für den Wendehals und Ähnliches», so Park-Direktor Fabien Vogelsperger.

Auch in Leubringen/Magglingen war die Zustimmung zum Beitritt gross: 91 Prozent habe der Anteil der Ja-Stimmen betragen, sagt Gemeindeschreiber Christophe Chavanne. Man sei überzeugt, dass sich der Beitritt für die Gemeinde lohnen werde. Auch der Naturpark sei daran interessiert gewesen, schliesslich sei das Gemeindegebiet «ein Ort der Entspannung par excellence», vor allem für Spaziergänge und Wanderungen.

Bei der hohen Akzeptanz in den beiden Gemeinden dürften auch die Konditionen eine Rolle gespielt haben. So kostet die Mitgliedschaft pro Einwohnerin und Einwohner lediglich vier Franken im Jahr. Die einzige sonstige Verpflichtung der Gemeinden ist es, einen Vertreter in den Beirat des Parks zu entsenden. Das ist ein kleiner Preis für den Gewinn, in einem Naturpark leben zu dürfen.

 

Kinder werden zu Forschern

Mit den beiden Neuzugängen will der Verein neue Projekte entwickeln, wie er ankündigt. Für Twann-Tüscherz gebe es noch keines, sagt Bohnenblust, «doch hoffen wir auf Unterstützung bei Subventionsgesuchen für Sanierungen von geschützten Trockenmauern». Ebenfalls noch nicht erfolgt sei das Aufzeigen von «konkreten Handlungswegen für eine nachhaltigere Entwicklung», wie ein Ziel des Parks lautet.

Für Leubringen/Magglingen verweist Chavanne in diesem Zusammenhang auf die vielen bestehenden Projekte in den umliegenden Gemeinden. «In einem ersten Schritt wird es darum gehen, diese – etwa im Bereich der Biodiversität – weiterzuführen und auf unsere Gemeinde auszudehnen.» Weitere Themen, zu denen schnell konkrete Projekte umgesetzt werden könnten, seien die Erhaltung des kulturellen Erbes und der Landschaft an besonderen Orten oder die Auszeichnung von Produkten mit dem Label «Schweizer Pärke».

Die Schulklassen der Gemeinde hätten bereits vor dem Beitritt punktuell von Angeboten des Parks zur Sensibilisierung für eine nachhaltige Entwicklung profitieren können, so Chavanne. Ab jetzt könnten sie kostenlos am Programm «Graines de chercheurs» («Samen der Forscher») teilnehmen. Im Laufe eines Jahres kommen regelmässig Fachleute vorbei, mit denen die Kinder teils vor Ort eines der Themen Energie, Obstgarten, Schwalben oder Landschaft erkunden können.

 

Umdenken in Ligerz

Parallel zur Integration der neuen Mitglieder will der Verein auch eng mit den sechs nordöstlich des Parks gelegenen Gemeinden Tavannes, Reconvilier, Saicourt, Petit-Val, Rebévelier und Saules zusammenarbeiten. Diese haben ihr Interesse bekundet, per 2025 beizutreten. Auch die Eingliederung der Waldgebiete von Neuenburg im selben Jahr steht zur Diskussion.

Für eine Erweiterung am Jurasüdfuss käme laut Park-Direktor Vogelsperger nur noch Ligerz in Frage – denn La Neuveville gehört bereits dazu. Dort war man an einer Mitgliedschaft bisher nicht interessiert, weil man darin «keinen grossen Nutzen» sah, sagt Gemeindeschreiberin Dora Nyfeler. Wegen eines gemeinsamen regionalen Projektes zur Sanierung von Rebmauern sehe der Gemeinderat dies nun jedoch anders. Darum habe er beschlossen, einen Beitritt zu prüfen. Ein solcher wäre laut Vogelsperger per 1. Januar 2025 möglich. «Die Gemeindeversammlung müsste sich allerdings spätestens 2023 dafür entscheiden».

 

Biodiversität fördern, Bauwerke erhalten

Sinn und Zweck des Regionalen Naturparks Chasseral ist es, das Natur- und Kulturerbe dieser Region zu pflegen. Um die Biodiversität zu fördern, werden Aktionen wie das Pflanzen von Bäumen und Hecken, das Anlegen von Steinhaufen und Tümpeln oder das gezielte Abholzen in Wäldern durchgeführt. Beispielsweise sind 2018 an zwei Standorten 500 Exemplare des Gelben Frauenschuhs angesiedelt worden. In rund 20 Gemeinden hat man Nistplätze für Mehlschwalben geschaffen. Oder es sind Massnahmen zur Erhaltung von Heidelerchen und Baumpiepern auf dafür geeigneten Weiden getroffen worden.

Der Naturpark engagiert sich aber auch im Bereich des Kulturerbes. So ergänzt er etwa die Aktionen des Berner und Neuenburger Heimatschutzes sowie der kantonalen Denkmalpflege, indem er sich mit Events sowie Beratungen für Privatpersonen und Gemeinden einbringt. Auch begleitet er Gemeinden, die sich für den Erhalt von authentischen Dorfzentren einsetzen, und spürt Finanzquellen für die Restaurierung kleiner Bauwerke auf. Oder er macht Beratungen für die Restaurierung und Umnutzung von leerstehenden Gebäuden, die im Bauinventar aufgelistet sind, um diese öffentlich zugänglich zu machen. bk

 

 

Die 20 Schweizer Pärke

Die Gründerväter des 1914 geschaffenen Nationalparks im Engadin waren ihrer Zeit weit voraus. Auch der Parc Jura vaudois von 1973 und der Wildnispark Zürich im Sihlwald von 1986 waren noch Pioniertaten. Seit 2001 sind dann hinzugekommen: Parc régional Chasseral, Unesco Biosphäre Entlebuch, 
Jurapark Aargau, Parc Ela, Parc naturel régional Gruyère Pays-d’Enhaut, Naturpark Pfyn-Finges, Biosfera Val Müstair, Naturpark Gantrisch, Landschaftspark Binntal, Regionaler Naturpark Schaffhausen, Naturpark Thal, Naturpark Diemtigtal, Naturpark Beverin, Parc du Doubs, Parc naturel du Jorat, Parc naturel régional de la Vallée du Trient sowie Parco Val Calanca. bk

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