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Die dunkle Seite des Internets: Drogen, Waffen und Auftragsmord im Darknet

Das Internet besitzt eine riesige Gegenwelt. Das Darknet ist ein Tummelplatz für illegale Geschäfte, aber auch ein Zufluchtsort für politisch Verfolgte. Wir sind in das dunkle Netz hinabgetaucht.

Buchstaben und Zahlen: Im Darknet werden die meisten Seiten mehrfach verschlüsselt, Symbolbild: Keystone

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von Simon Dick

Das «Darknet» ist ein Teil des Internets, das öffentlich nicht zugänglich ist. Das Verhältnis zwischen dem Internet und der anderen Seite lässt sich mit einem Eisberg vergleichen: Der ersichtliche Teil, die Spitze des Eisberges über der Wasseroberfläche, ist das öffentliche Internet, das man mit gängigen Suchmaschinen und Internetadressen erreicht. Der nicht sichtbare Teil unter der Wasseroberfläche ist das Darknet. Zwar basieren beide Teile auf derselben Technologie und sind miteinander verbunden, den geheimen Ort erreicht man aber nur mit einem bestimmten Zugang.

Unter der Wasseroberfläche geht es weiter, Symbolbild: Keystone

Nur mit spezieller Software
Um in die verborgene digitale Welt einzutauchen, reicht ein herkömmlicher Internetbrowser nicht. Denn Firefox und Co. können die verschlüsselten Seiten nicht anzeigen. Dazu ist eine spezielle Software nötig. Es gibt verschiedene Programme, die den Zugang freigeben. Das bekannteste ist der «Tor»-Browser. Er macht eine geschützte Verbindung ins Tor-Netzwerk möglich, das einen Teil des Darknets abdeckt und von dem aus man weitersurfen kann.

Die Software ist schnell installiert. Den Tor-Browser zum Herunterladen findet man im «normalen» Internet schnell mittels einer Stichworteingabe in einer Suchmaschine. Hat man den Zugang gefunden, kann die Reise beginnen. Sich im Darknet zu orientieren, ist nicht leicht. Adressen von Webseiten bestehen aus komplizierten Anordnungen von Buchstaben und Zahlen, die regelmässig geändert werden.

Wie in den 90er-Jahren
Die minimalistische Optik der vielen Webseiten erinnert stark an den Anfang der 90er-Jahre, als Internetseiten reine Verzeichnisse waren mit einfachster Grafik und simpler Gestaltung. Werbeanzeigen gibt es so gut wie gar nicht. Die Optik einer Webseite ist auch völlig irrelevant. Hier dominieren die Inhalte.

Mittlerweile gibt es auch eine Suchmaschine innerhalb des Darknet. «Grams» heisst sie und hat ein ähnliches Logo wie Google. Damit kann man gezielt nach bestimmten Stichwörtern suchen. Der Dienst fokussiert sich allerdings auf die Themen Waffen, Drogen und gefälschte Dokumente. Es existieren auch viele Linklisten, die einem bei der Suche nach bestimmten Inhalten weiterhelfen. Die bekannteste Liste ist «The Hidden Wiki», die eine Vielzahl von Darknet-Inhalten auflistet. Über diese Ansammlung gelangt der User zu vielen Foren und Blogs. Um dann in einen bestimmten Bereich aktiv zu werden, wird eine Registrierung zur Pflicht.

Drogen, Waffen und Mord
Illegale Geschäfte und Produkte sind im Darknet an der Tagesordnung. Man kann nicht nur Drogen, Waffen und pornografische Inhalte kaufen, sondern auch einen Auftragsmord bestellen. Ob letztgenannte Option nur ein schlechter Scherz sein soll, ist ungewiss. Aber die hohe Anzahl solch dubioser Dienstleistungsangebote lässt anderes vermuten.

Sich im Darknet zu bewegen, fordert viel Geduld, denn das Netz ist sehr langsam. Die hohen Sicherheitsstandards und Verschlüsselungen lassen den Rechner erlahmen. Wenn man eine neue Seite öffnet, dauert es lange, bis sich ein Ergebnis auf dem Bildschirm präsentiert.
Wer etwas kaufen möchte, wird mit Kreditkarten oder Paypal nicht weit kommen, denn als Bezahlung für Transaktionen werden nur Bitcoins akzeptiert. Das ist eine elektronische Währung, mit der man nur schwer herausfinden kann, wer der Käufer ist.

Freie Meinungsäusserung
Der Datenaustausch zwischen Privatpersonen steht hoch im Kurs. Es gibt viele kleine Tauschbörsen für Musik und Filme. Aber nicht nur Medien werden regelmässig ausgetauscht, auch Meinungen stehen im Fokus. Dabei findet man sowohl rassistische, menschenverachtende Foren als auch Anlaufstellen für politische Flüchtlinge, die hier offen ihre Meinung kundgeben können. Regimekritiker tummeln sich beispielsweise genauso im dunklen Netz wie Verschwörungstheoretiker, die sich abschotten.

Während des Arabischen Frühlings 2011 geriet das Darknet zum ersten Mal in die Schlagzeilen. Es wurde vor allem dazu genutzt, die eigene politische Meinung ohne Angst auf Zensur und Repressalien kundzutun und über die gewalttätigen Vorfälle zu berichten. Nicht nur politisch Verfolgte, sondern auch Journalisten begeben sich regelmässig in das Darknet, um Daten auszutauschen und um an geheime Informationen zu gelangen.

Das Darknet ist somit nicht nur ein Ort, wo schmuddlige, illegale Inhalte ausgetauscht und dubiose Produkte gekauft werden können, sondern auch ein zensurfreier Bereich, der aufgesucht wird, wenn Menschen verschiedenster Herkunft ihre Meinung frei äussern und in der heutigen gläsernen Gesellschaft keine Spuren hinterlassen möchten. 

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Nutzerzahl wegen NSA-Skandal explodiert
Das bekannte Tor-Netzwerk und das damit verbundene Darknet wurde keineswegs von kriminellen Subjekten gegründet, um in Sicherheit illegalen Handel im Internet zu betreiben. Das amerikanische Militär, vor allem die US-Marine und ihr Forschungslabor «Naval Research Laboratory», waren im Jahr 2002 an abhörsicherer Kommunikation für ihre Truppen interessiert und deshalb bei der Entwicklung von Tor federführend. Bis heute wird das Projekt grösstenteils aus Geldern der US-Regierung finanziert, die damit die Redefreiheit von Dissidenten sichern will.

In der Anfangsphase wurde dieses Netzwerk, das an das rudimentäre Internet der 90er-Jahre erinnert, vor allem von Computerfreaks und einem harten Kern von Kriminellen genutzt.

Nach dem NSA-Skandal ist die Zahl der täglich aktiven Tor-Benutzer innert kürzester Zeit von etwas weniger als einer Million auf gut sechs Millionen gestiegen. Der unbekannte Teil des riesigen Internet war kurzerhand in aller Munde und wurde rege genutzt. Allerdings war das Interesse an mehr Privatsphäre im Internet nicht bei all diesen Benutzern besonders nachhaltig. Mittlerweile ist die Anzahl der Tor-Benutzer wieder auf etwa zweieinhalb Millionen gesunken. sd

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