Sie sind hier

Technik

Ein sehr persönliches Geschenk

Durch die fortgeschrittene 3D-Druck-Technologie sind der Fantasie keine Grenzen mehr gesetzt. In einem Bieler Geschäft kann man jetzt sogar eine eigene Figur von sich herstellen lassen. Ein kurioser Selbstversuch.

Ein eigenes Ich zum anfassen: Die Details der Figur aus dem 3D-Drucker sind verblüffend, Copyright: Peter Samuel Jaggi / Bieler Tagblatt
  • Video
  • Audio

von Simon Dick

Jetzt bloss nicht bewegen. Der Körper ist in der totalen Starre. Die Gesichtsmuskeln sind angespannt. Das Lächeln tut fast schon weh. Aber während rund zwei Minuten darf man sich nicht rühren, sonst muss man von vorne beginnen. Man dreht sich im Kreis. Auf einem kleinen Podest steht man wie angewurzelt, dreht sich um 360 Grad und Licht flackert auf. Die aufkommenden kleinen Schwindelgefühle durch das Blitzlichtgewitter müssen unterdrückt werden.

Das Blitzlicht kommt von einem portablen Scanner.  Pascal Metschies, 3D-Künstler und Inhaber von Pascurine3D in Biel, hält den Scanner in der Hand und bewegt mit der anderen parallel das drehbare Podest per Knopfdruck. Das Podest aus robustem Holz und die gesamte Konstruktion hat er selber gebaut. 15 Fotos pro Sekunde macht die Scan-Maschine. Über 3400 Einzelbilder werden geschossen und schliesslich am Computer Stück für Stück zusammengesetzt, um ein erstes Abbild des Körpers zu konstruieren. Faszinierend. Es ist ein bisschen wie beim Zahnarzt. Man fühlt sich etwas ausgeliefert und darf sich nicht bewegen, doch in diesem Fall tut es gar nicht weh und geht schnell vorbei. Es ist nur ein bisschen anstrengend in einer Art Schockstarre zu verweilen, doch die kurze Prozedur lohnt sich. Das Endergebnis wird freudig erwartet.

Die Kosten teilen
Nachdem der Körper vollständig gescannt wurde, werden zur Sicherheit noch einige Scans und Fotos vom Gesicht und vor allem von der Frisur gemacht, damit diese auch detailliert wie der restliche Körper aus dem Drucker kommen. Nach dem Scannen folgt die Detailarbeit und das Ausbessern von Fehlern am Computer. Hier noch eine Lücke schliessen, da noch das Stoffmuster etwas nachziehen und fertig ist die Vorlage für eine 3D-Figur. Nachdem der Computer neu berechnet und ein farbiges, dreidimensionales Abbild entworfen hat, kann die riesige Datei an einen Server geschickt werden, wo sie schliesslich in einem 3D-Drucker weiter verarbeitet wird und die Figur schlussendlich gedruckt werden kann.

Die ganze Vorarbeit inklusive des Körper-Scans dauert in der Regel nicht mehr als zwei Stunden. Der Drucker steht aber nicht in Biel, sondern in Zürich oder auch schon mal in Lausanne. Der 3D-Drucker ist mit 70 000 Franken so teuer, dass Metschies sich das Gerät mit anderen teilen muss. Die Kosten alleine zu tragen, wäre unmöglich. Da teilt man sich lieber die Anschaffungs- und Wartungskosten und druckt nach Absprache in Zürich oder auch schon mal in der Westschweiz. Auch das andere Equipment im Bieler Studio ist teuer. Der mobile Scanner alleine kostet rund 3400 Franken. Die umfangreiche Software mit dem leistungsstarken Computer kommt insgesamt auf 20 000 Franken. 

Die pure Kreativität
Der 49-jährige Pascal Metschies ist ein gebürtiger Franzose, hat sich alles selbst beigebracht und hat sehr viele Ideen, was man alles aus einem 3D-Drucker herauskitzeln kann. Sein Lokal an der Mattenstrasse 56, das er vor zwei Jahren bezog, steckt voller wahr gewordenen Ideen. «Ich habe sehr viele Ideen gleichzeitig in meinem Kopf. Manchmal sprudelt es für mehrere Stunden einfach aus mir heraus, dann entwerfe ich sehr viele Dinge», sagt er begeistert.

Die Vitrinen und Regale in seinem Geschäft zeigen sehr deutlich, was alles mit einem 3D-Drucker überhaupt möglich ist: Individuelle Fingerringe in jeder Farbvariation, kuriose Aufbewahrungsbehälter in verschiedenen Formen, witzige Ohrstecker, persönliche Schlüsselanhänger und natürlich ein genaues Abbild seiner Selbst in Form einer detaillierten Figur, die es in unterschiedlichen Grössen gibt. Das kurioseste Objekt in der Sammlung: Das eigene Gesicht als Maske – alles ist möglich. Besonders stolz ist er auf seine vielen gedruckten, bunten Lampenschirme. Man nehme eine einfache Leuchte aus einem Möbelhaus, setzt den Schirm oben drauf und schon ist das individuelle Stück fertig.

Als er mit der neuen Druck- Technologie in Berührung kam, war für ihn schnell alles klar: «Ich wusste genau, das will ich in Zukunft machen», erinnert er sich. Pascal Metschies ist stolz auf seine Kreationen. «Von Hand hätte ich das alles nicht herstellen können, aber die 3D-Druck-Technologie macht alles möglich», sagt er. Sogar Akt-Figuren wären in seinem Studio theoretisch möglich. Aber bis jetzt hat sich noch kein Kunde, keine Kundin für so etwas gemeldet oder sich dazu getraut.

Etwas gruselig
Hat man seine eigene kleine Figur vor Augen und hält sie in den Händen, wirkt das etwas befremdlich, ja sogar gruselig. Doch es ist auch einfach nur faszinierend, wenn man das Endprodukt sieht. Die Details der Figur sind verblüffend. Sogar die Konturen des Portemonnaies, das in der Gesässtasche steckt, sieht man. Die kleinen Schnürsenkel der Schuhe sind ebenfalls vorhanden, auch kleine Bartstoppel sind ersichtlich. Und sogar die Frisur sitzt. Günstig ist so eine Figur aber nicht, bis zu 400 Franken kann eine mit der Höhe von 18 cm kosten. Dafür stimmt die Qualität und ein persönlicheres Geschenk kann man sich gar nicht ausdenken. Die Kunden sind Privatleute, aber auch Firmen, die ihre Mitarbeiter drucken lassen und sie beispielsweise in das Schaufenster des Geschäfts stellen. Egal ob Weihnachtsgeschenk oder Geburtstagspräsent, eine 3D-Figur aus dem Drucker wird ihren Eindruck hinterlassen.

Info: Pascurine3D befindet sich an der Mattenstrasse 56 in Biel.

Weitere Infos unter: www.pascurine3d.com




 

Nachrichten zu Digital »