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Biel

Gipfeli, Spitzmenschen und eine Besonderheit

Am Montag öffnet in Biel die erste vegane Bäckerei ihre Türen. Wer steckt hinter der «Bakery Bakery»? Warum der Gang nach Biel? Und wie sieht das Angebot aus?

So sieht das ab Montag aus in der Bieler "Bakery Bakery". Bild: zvg

Veganerinnen und Veganer haben immer mal wieder mit Vorurteilen zu kämpfen. Stur seien sie, sie würden vom hohen Ross herab argumentieren und missionieren.

Solche Menschen gibt es zweifellos – Kevin Schmid gehört definitiv nicht zu ihnen. Dabei sagt er Sätze wie: «Natürlich wünsche ich mir, dass sich alle Menschen ohne tierische Produkte ernähren.» Schmid ist noch keine 30, hat klare Pläne, scheinbar unerschöpfliche Energie und erweitert und bereichert das vegane Gastroangebot in Bern seit 2018, als alles begann mit einem Foodtruck, hausgemachtem Eistee, Döner, Pommes frites, Burgern und der Gründung der Outlawz Food GmbH.

Nun also der Schritt nach Biel: Am 
23. November eröffnen Schmid und sein Team in unmittelbarer Nähe des Kinos Beluga die erste vegane Bäckerei der Stadt.

Schmid, der gelernte Koch, der einige Zeit in Biel gelebt hat, schwärmt vom «Grossstadtcharakter der Kleinstadt und vom sympathischen Charme Biels» und spricht über das spannende Gastroangebot in der Stadt. Ein gänzlich veganes Lokal fehle aber noch, so Schmid. Obwohl er überzeugt ist, dass das Bieler Publikum das Angebot schätzen wird, ist die «Bakery Bakery» vorderhand ein Pilotprojekt, ausgelegt auf ein Jahr. Nichts überstürzen, schauen, wie sich die Dinge entwickeln. So euphorisch und selbstbewusst Schmid auch ist, er bleibt gleichzeitig realistisch und besonnen.

Beliefert wird die Bieler Filiale von der Backstube im Breitenrain aus, dort wo die erste «Bakery Bakery» zu Hause ist. «Die Kapazität dort reicht, um Waren für fünf bis sechs Lokale zu produzieren», erklärt Schmid das System.

Die Räumlichkeiten in Biel sind ihm angeboten worden. «Der Standort ist super», ist Schmid überzeugt. In den warmen Monaten möchte er Stühle und Tische unter freiem Himmel aufstellen. Geschäftseröffnungen während der Coronakrise sind nicht an der Tagesordnung. Schmid tut es trotzdem, weil er seiner Idee vertraut.

Und diese geht so: Jede «Bakery Bakery»-Filiale bietet das gleiche Grundsortiment an traditioneller Bäckereiware an. Es gibt also Gipfeli und Vanillecornets, Caracs und Nussgipfel, Zimtschnecken und Spitzmenschen. Darüber hinaus verfügt jedes Geschäft über eine standortspezifische Besonderheit. «In Biel werden es spezielle Sandwiches sein», sagt Schmid. Eine weitere Besonderheit: Die Bäckerei ist jeden Tag offen, 365 Tage im Jahr, ohne Ausnahme. «Wir wissen, dass das zum Beispiel an Weihnachten, Neujahr oder während den Sommerferien ein Minusgeschäft ist», so Schmid. «Uns ist es aber wichtig, präsent zu sein. Wir wollen eine fixe, beständige Grösse sein in der Stadt. Ein Geschäft, bei dem sich die Menschen nicht zuerst überlegen müssen: Haben die jetzt heute offen?»

Schmid, der gelernte Koch, schätzt, dass rund neun von zehn Kundinnen und Kunden Fleisch essen. Angeboten werden deshalb unter anderem auch Schinkengipfeli oder Seitanwings. Fleischersatzprodukte sind ein umstrittenes Thema und immer wieder Anlass von hitzigen Diskussionen. «Ich bräuchte das nicht», sagt Schmid. Doch er hat erfahren, dass sie helfen, um Fleischesser neugierig zu machen. «Ich möchte niederschwellige Zugänge schaffen, die Menschen ‹gluschtig› machen. Veganerinnen und Veganer brauche ich ja nicht mehr zu überzeugen», sagt er und lacht.

Er, der sich früher über Veganismus durchaus aufregen konnte und erst nach und nach und ohne dramatisches Initialereignis auf tierische Produkte verzichtet hat, hat nichts von einem Missionar. Er überzeugt durch die Qualität der Produkte, die er und sein Team herstellen, und durch sein authentisches Wesen. Er ist überzeugt: «Mit Verboten, negativen Aussagen und ideologischen Grabenkämpfen erreichen wir nichts.» Er möchte, so Schmid, dass es heisse: «Es ist einfach das beste Schinkengipfeli, vegan hin oder her.»

Unaufgeregt ist er, aber bestimmt. Er vertritt auf Nachfrage klare Positionen, ohne belehrend zu sein. Alle seine Projekte wirken trotz aller Seriosität spielerisch – und sind damit die beste, weil unverkrampfteste Werbung in Sachen Veganismus. Raphael Amstutz

Info: «Bakery Bakery», Neuengasse 48, Biel. Öffnungszeiten: Mo bis Sa, 7 bis 18 Uhr, So, 9 bis 16 Uhr.

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