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Turnen

Wie Olympia, nur ohne Leistungsdruck

Am Sonntag beginnt in Helsinki die 15. Gymnaestrada. Am Turnfest, das nur alle vier Jahre stattfindet, werden die Darbietungen nicht benotet - ganz zur Freude der über 70 Turnerinnen und Turner aus dem Seeland.

Die Turnerinnen und Turner der Seeländer Grossgruppe +35 üben ein letztes Mal gemeinsam in der Sahligut-Turnhalle. Copyright: Matthias Käser / Bieler Tagblatt

von Moritz Bill

Die Gymnaestrada geniesst bei Thomas Doppler vom TV Orpund einen hohen Stellenwert. «Für mich ist die Teilnahme das Grösste, was man im Turnen machen kann.» Auch bei seinen Kolleginnen und Kollegen der Seeländer Grossgruppe 35+ ist die Vorfreude gross. Endlich wollen die Turnerinnen und Turner dem Publikum im finnischen Helsinki ihr Programm vorführen, welches sie nun seit bald vier Jahren am Einstudieren und Perfektionieren sind. Ein Teil der Übung hatte die Gruppe bereits 2013 am Eidgenössischen Turnfest (ETF) in Biel vorgetragen und dafür zwei Jahre trainiert. Nach dem ETF gönnten sich die Seeländer eine kurze Pause, ehe sie sich wiederum einmal pro Monat in der Sahligut-Turnhalle trafen, um sich optimal auf die Gymnaestrada vorzubereiten. Dazu kamen einzelne Treffen mit Gruppen aus der Romandie und gesamtschweizerische Zusammenzüge, um die überschneidenden Show-Elemente zu üben.

 

Geglückte Hauptprobe
Das Training scheint sich ausbezahlt zu haben. Vor drei Wochen trafen sich anlässlich der Hauptprobe alle Grossgruppen (35+ und 55+) der Schweiz in Dörflingen (SH) und den Seeländern gelang die Premiere. «Es lief alles tipptopp. Und wir haben vom Schweizer Verband ein positives Echo erhalten», sagt Doppler.

Auch in Helsinki wird ein mündliches Feedback die einzige Bewertung sein, welche die Turnerinnen und Turner erhalten. Im Gegensatz zu anderen Turnfesten werden die verschiedenen Vorführungen nicht aneinander gemessen - im Zentrum der Gymnaestrada stehen die Bewegung und die internationale Begegnung. «Das finde ich sehr schön», sagt Doppler, der neben den Darbietungen vor allem dem Einmarsch ins Stadion entgegenfiebert. Nicht nur findet die Gymnaestrada analog zu den Olympischen Spielen alle vier Jahre statt. Auch die Eröffnungsfeier, bei welcher jedes Land einzeln im Stadion empfangen wird, ist mit Olympia vergleichbar.

 

Eine Frauendomäne
Dieses Highlight sei mit ein Grund, weshalb die Teilnehmer die lange Vorbereitungszeit und die Kosten auf sich nehmen würden, meint Doppler. Nur ein kleiner Teil der Ausgaben wird vom Verband und teils von den Vereinen getragen, den Rest berappen die Turnerinnen und Turner aus der eigenen Tasche. «Alle machen das aus Freude», sagt Doppler, der bei der Seeländer Gruppe für die Administration verantwortlich ist. Er ist im 24-köpfigen Team mit zwei anderen Männern klar in der Unterzahl. Warum dem so ist, könne er nicht beantworten. Auch bei den anderen Gruppen mit Seeländer Beteiligung, die nach Helsinki fahren (siehe Infobox), sind die Frauen deutlich in Überzahl. Den Männern scheint das Faible für die Gymnastik zu fehlen.

Trotz der spärlichen männlichen Beteiligung stellen die Schweizer nach den finnischen Gastgebern die zweitgrösste Delegation. Die helvetischen Darbietungen geniessen in der Szene hohes Ansehen. Der «Schweizer Abend» (siehe Zweittext) zählt zu den Höhepunkten einer Gymnaestrada.

 

Dreimal im Einsatz
Die Seeländer Grossgruppe tritt heute die Reise nach Finnland an und wird nächsten Dienstag und Donnerstag im Fussballstadion ihr Programm dem Publikum präsentieren. Zudem ist die Gruppe auch beim erstmaligen «Midnight Sun Special» dabei. «Wir freuen uns jetzt einfach, dass es endlich losgeht», sagt Doppler und unterstreicht mit der Vorfreude den hohen Stellenwert der Gymnaestrada.

 

 


Martina Marti führt durch den «Schweizer Abend»


Der «Schweizer Abend» zählt an der Gymnaestrada zu den Highlights. 14 Gruppen aus allen Landesteilen zeigen am Montagabend im Eisstadion ihr gymnastisches, tänzerisches und turnerisches Können mit dem Ziel, das typisch schweizerische Breitensport-Vereinsturnen mit seinen unterschiedlichen Sparten und Altersstufen zu präsentieren. Turnerinnen und Turner aus dem Seeland sind in den Gruppen «Aerial Dancers» und «T2 x A» vertreten. Bei den «Aerial Dancers» bilden Athleten des TV Lyss und des TV Orpund den harten Kern. Geleitet wird die Gruppe von der Kappelerin Martina Marti, die sich ebenfalls für die Choreografie verantwortlich zeigt. Selbst mitturnen wird Martina Marti aber nicht, sie ist am «Swiss National Evening» anderweitig beschäftigt. Zusammen mit Guy Mäder führt sie durch das Programm. Jeweils während den Umbaupausen wird das Duo das Publikum mit Showeinlagen unterhalten. Dass sie nicht mit der Gruppe auftreten wird, findet die Kappelerin zwar schön («dann kann ich die Vorführung von aussen betrachten»), gleichzeitig strapaziere das Zuschauen aber ihre Nerven («ich fiebere total mit»). Bereits bei der Premiere in Rapperswil habe sie es fast nicht ausgehalten, gesteht Martina Marti. «Ich war die ganze Zeit beinahe am Hyperventilieren.» Die Nervosität war aber umsonst. Die Hauptprobe ging reibungslos über die Bühne und das letzte Training am vergangenen Samstag verlief auch wunschgemäss. «Die Vorfreude ist jetzt umso grösser», sagt Martina Marti. bil
 

 

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