Sie sind hier

Abo

A Table

Sich überraschen lassen wird belohnt

Italienisch mutet das Oval des Stadtplatzes von Le Landeron an. Schmale Fassaden, rot oder weiss verputzt, reihen sich lückenlos aneinander. In der Mitte eine doppelte Reihe von Bäumen und ein plätschernder Brunnen.

Nandita Boger

Nandita Boger

Neben dem Eingang zum Café-Restaurant L’Escarbot sind mehrere Plaketten an der Wand befestigt: Gault Millau 2019 (14 Punkte), Guide Bleu und Euro Toques 2018. Ein paar Stufen führen hinab in den Gastraum. Wir sind die ersten Gäste und werden freundlich an unseren Tisch geführt. Der Apéritif – weisser Portwein, Schweppes Tonic, Rosmarin (9 Fr.) – überrascht und könnte nächsten Sommer unser Lieblingsgetränk werden. Sobald die Gäste eintreffen, wird klar: Wir befinden uns in der lateinischen Schweiz. Die Begrüssung ist lebhaft und die zahlreichen Stammgäste sorgen für eine familiär-entspannte Atmosphäre.

Auf der Speisekarte sticht die Spezialität des Hauses ins Auge: Das Menu de Saison. Die Wahl fällt auf das Dreigangmenu für 78 Franken. Die Begleitung kann der Aussage, dass der Menuinhalt eine Überraschung bleibt, wenig abgewinnen und entscheidet sich für zwei Gänge von der Speisekarte. Als Amuse-Bouche gibt es für beide eine erste Geschmackssensation von Shimeji-Pilzen und Entenravioli.

Die Vorspeise des Menu de Saison enthält Carpaccio von hauchdünn geschnittenen Jakobsmuscheln mit Rogen, verziert mit Zitronenperlen und Blüten. Es ist im geometrischen Muster millimetergenau angerichtet und im Geschmack würzig frisch. Mit Lachstartar, Thunfischsashimi und einer Auster kombiniert, ist es eine vielfältige Vorspeise. Wie ein Blick in die Speisekarte bestätigt, sind Austern eine der Spezialitäten des Hauses.

Die Begleitung hat sich wissentlich für das Jakobsmuschelcarpaccio (31 Fr.) entschieden und erhält davon die doppelte Menge der Überraschungsvorspeise. Begleitet wird es von einem Avocado-Taschenkrebs-Salat, der als etwas konturlos beurteilt wird. Ein Glas Pinot Gris aus Cressier (7.50 Fr./dl) passt zu beiden Vorspeisen hervorragend.

Das Überraschungsmenu bietet als Hauptgang ein Filet vom Rind an dunklem Jus. Spätestens beim Probieren des Fleischstücks, das aussen knusprig und innen noch leicht blutig ist, ist auch der Skeptiker überzeugt, dass das Überraschungsmenu die beste Wahl ist. Die Beilage ist für beide die gleiche. Die schmackhaften Gemüseperlen, auf den Punkt gegart, hätten etwas mehr sein dürfen. Der Trüffel-Kartoffelstock lässt keine Wünsche offen. Der Hauptgang der Begleitung, eine Kombination von Kalbsfilet und einer Mousse aus Entenleber, ist schlicht und edel (62 Fr.). Das schlechte Gewissen beim Verzehr der französischen Delikatesse geht beinahe vergessen durch dessen schmelzende Konsistenz.

Für den Rotwein folgen wir der Empfehlung. Wir wählen den Altas Quintas 600 von 2017 sowie den Mogadouro Reserva von 2015, beide aus Portugal. Der erste passt mit seinem runden Geschmack ideal zum Kalbfleisch, der zweite, im Eichenfass ausgebaut und herb, exzellent zum Rind.

Chefkoch Luis Vieira lässt ein «Avant-Dessert» servieren: eine überraschende Kombination aus kandiertem Quittengelée und flüssigem Geisskäse. Beendet wird das Menu de Saison mit einem fruchtigen Dreierlei von Mangosorbet, Ananascarpaccio und Pistaziencreme im Strudelteig. Kreativ und edel, das hat seinen Preis: Auf 240 Franken runden wir die Rechnung auf. Für die zahlreichen Geschmackserlebnisse und die angenehme Atmosphäre durchaus angemessen.

Info: Café-Restaurant L’Escarbot, Vieille Ville 32, Le Landeron. Tel: 032 751 72 82.
Di-Sa: 11-15 Uhr und 18.30-24 Uhr.
 www.escarbot.ch

****************************************************

Restaurant L’Escarbot
- Karte: Übersichtliche Auswahl mit je drei bis vier Vorspeisen, Fisch- und Fleischgerichten. Menu de Saison mit drei (78 Fr.), vier (97 Fr.) oder sechs (117 Fr.) Gängen.
- Preis: Gehobene Preisklasse.
- Ambiente: In einem Altbau in der Altstadt von Le Landeron. Innen dominiert rote Farbe mit expressiven Hängeleuchten und samtigen Polstern.
- Aufgefallen: Speisekarte und Bedienung französischsprachig. Klingt einfach viel schöner, auch wenn man nicht alles versteht. nan

Nachrichten zu Essen und Trinken »