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Standpunkt

«Just do it» ist Geschichte

Eigentlich müsste ich ja über die Fussball-Weltmeisterschaften fachsimpeln – nur habe ich nach dem Aus der Schweiz gar keine Lust mehr dazu. Aber die Schweiz hat noch andere Themen zu bieten, die nicht nur die Sportwelt bewegen.

Andrea Zryd, bt/a

Nach langem Rätseln liess Roger Federer endlich die Sponsoring-Bombe platzen. Nike und er sind nicht mehr eins. Dafür prangt auf seinem weissen Shirt in Wimbledon ein etwas steifes Logo, welches nicht annähernd so dynamisch wirkt wie der Nike-Swoosh. Uniqlo.

Ganz ehrlich, als Modebanause habe ich noch nie etwas von dieser Marke gehört. Sie schon, liebe Leserinnen und Leser? Immerhin war Uniqlo schon Sponsor von Novak Djokovic. Ist mir nicht einmal aufgefallen. Aber Roger ohne Nike – da gehen die Emotionen schon etwas hoch. Die waren wie Huhn und Ei und irgendwie ist da jetzt etwas «Federer» verloren gegangen.

Aber wieso kümmert es uns überhaupt, in was für einem Shirt Roger hoffentlich Wimbledon gewinnt und wir uns an seinen Emotionen erlaben können? Es kann uns auch egal sein, wie viel er daran verdient, solange er seine Steuern bezahlt. Trotzdem sind wir alle neugierig. Gerade weil Federer sich mit Nike perfekt identifizierte und «just do it» lebte. Nun, «just did it» ist eben auch Federer. So war er auch bereit, mit seinem langjährigen Sponsoren die Trennung einzugehen, obschon es offensichtlich hart und traurig für ihn war. Hat er den Wechsel vom US-Giganten zum Japaner wegen seines Knebelvertrags vollzogen? Einzig das Nike-Logo durfte sein Tennisoutfit zieren; kein anderer Partner/Sponsor hat es je geschafft, eine Werbeplattform auf Roger zu platzieren. Oder etwa nur des Geldes wegen? Ich kann es mir fast nicht vorstellen. Obschon nette 30 Milliönchen jährlich schon verlockend sind und Nike wollte ihm zudem keinen «Lebensvertrag» offerieren. LeBron, Jordan oder Ronaldo sind Nikes wahren Sportgötter und für diese steht Nike lebenslänglich finanziell ein. Tennis ist in den USA anscheinend zu wenig populär. Michael Jordan hat Nike einst zum Marktgiganten verholfen, respektive Dank einem aussergewöhnlichen Basketballspieler wurde Nike unglaublich populär und hat so Milliarden an den «Nike Air Jordan»–Schuhen» verdient. Am Brand von Roger Federer «RF» war der finanzielle Output bedeutend geringer, jedenfalls in den USA.

Uniqlo hat mit Federer den Matchball erspielt. Die Leute werden, sobald mehr Filialen in Europa eröffnet werden, auf die japanische Billigmarke fliegen; dies, weil Federer diesen Brand trägt. Uniqlo wollte einen erfolgreichen Sportler mit perfekt sauberem Image als Werbeträger. Ins Stolpern könnten sie wegen den Gerüchten um Tiefstlöhne, Massenentlassungen und menschenwidrige Bedingungen bei der Herstellung ihrer Bekleidung kommen. Dies nicht zu Unrecht! Das könnte auch an Federer selbst und seinem Image nagen; obschon ja Nike keinen Deut besser bei der Herstellung der Bekleidung war und deshalb etliche Skandale zu verzeichnen hat. Nur dieses Mal wird Federer in die Pflicht genommen. So fordert die Nichtregierungsorganisation Public Eye mittels öffentlichem Brief den Meister des Tennis auf, gegen diese Missstände etwas zu unternehmen.

Sponsoring im Sport ist übrigens uralt. So wurden bereits Gladiatoren von ihrem Ianista (Manager) einflussreichen und gut betuchten Männern angeboten. Wer nämlich als Sponsor von einem Gladiator auftrat, machte sich bei den Bürgern beliebt und konnte seine politische Karriere steigern. An den Siegen der Helden der Antike, respektive den ausgeschütteten Preisgeldern der Veranstalter, verdienten Sponsoren und Manager kräftig mit. Es gab übrigens schon im alten Rom Merchandising-Produkte der Gladiatoren.

Auch am Sponsorenwechsel von Federer werden ein paar Menschen sehr viel Geld verdienen. Das Sportsponsoring stellt heute die bedeutendste und sichtbarste Form des Sponsorings dar. Federer ist der perfekte Botschafter. Gewöhnungsbedürftig sind seine Klamotten im Sport, aber das soll Nebensache bleiben. Die wahren Gründe für den Wechsel weiss wohl nur er und sein engstes Umfeld. Er ist und bleibt eine Person des öffentlichen Interesses und deshalb mischen wir uns in das Leben des Profis ein und spekulieren. Und nun: «Just do it, gewinn das heilige Rasenturnier.»

Info: Andrea Zryd ist Sportlehrerin, EFHS Magglingen, Diplomtrainerin Swiss Olympic und SP-Grossrätin.

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