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Wie ein Schlag in die Magengrube

«Mafia 3» ist ein grosses Stück Unterhaltung, das mit einem ernsten Unterton daherkommt. Rassismus, Sexismus und Drogenmissbrauch sind in der virtuellen Welt von 1968 allgegenwärtig. Das ist auch gut so.

Die Mafia muss bezahlen: Lincoln Clay (rechts im Bild) will den Tod seiner Familie rächen und geht dabei über Leichen. Bild: zvg
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Simon Dick

Lincoln Clay ist ein farbiger Vietnam-Veteran, der im Jahr 1968 in die Südstaaten zurück kehrt. In Vietnam herrscht immer noch Krieg und Zuhause sind soziale Unruhen an der Tagesordnung. Farbige werden auf offener Strasse diskriminiert und auch die Frauen haben in der amerikanischen Gesellschaft keinen einfachen Stellenwert. Zusätzlich findet eine musikalische Revolution statt, die Bands hervorruft, die Geschichte schreiben werden. Drogen und Gewalt sind allgegenwärtig. Und in dieser rauen und ruhelosen Gesellschaft nimmt das Schicksal von Lincoln seinen Lauf.

Klassische Rachegeschichte
Dem einfachen Gangster wird kurz nach seiner Rückkehr seine gesamte Adoptivfamilie genommen. Brutal muss er zusehen, wie die italienische Mafia einen nach dem anderen ausradiert. Lincoln Clay landet bei diesem Zwischenfall im Krankenhaus, sinnt aber schnell nach Rache. Sein Ziel: Jeder einzelne, der ihm alles genommen hat, muss dafür büssen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Die Rachegeschichte nimmt seinen Lauf.

Ob man mit roher Waffengewalt die Stadt übernimmt oder verschwörerisch Territorium für Territorium erobert, ist dem Spieler überlassen. Dabei konspiriert man sowohl mit Gesetzeshütern als auch mit ranghohen Mitgliedern der Mafia, um sein Ziel zu erreichen.

In den vorangegangenen Mafia-Spielen ging es stets darum, innerhalb der italienischen Mafia zu überleben. In «Mafia 3» geht es nun darum, diese Organisation zugrunde zu richten, von aussen wie von innen. Das Spielprinzip ist simpel: Man dirigiert die Figur durch die Levels, steigt in Autos ein  und fährt zum nächsten Auftrag. Dort infiltriert man entweder eine bestimmte Arena oder schiesst sich mit Waffengewalt ans Ziel. Es folgen Dialoge mit Figuren und die Geschichte nimmt weiter ihren Lauf.

Zeitloser Soundtrack
New Bordeaux ist eine fiktive Version von New Orleans und wiedergibt die Atmosphäre von 1968 bestens. Von der Kleidung bis zu den Autos, von den Plakaten bis zu den Strassenschildern, sowie von Zeitungen bis zu Anzeigen, alles wurde zeitgenössisch umgesetzt. Der Geist von 1968 ist allgegenwärtig. Der Soundtrack dieser Zeit geht direkt ins Ohr und besitzt ganz viel Charme. Mehr als hundert legendäre Songs warten darauf, entdeckt zu werden. Von Johnny Cash bis zu den Rolling Stones, von Elvis bis zu James Brown, das Spiel wird von zeitlosen Meisterwerken getragen.

Die grafische Umsetzung pendelt von wunderschön bis zu grottenschlecht. Es gibt Figuren, die haben eine solch eindrückliche Gestik und Mimik auf Lager, dass man aus dem Staunen kaum mehr heraus kommt. Im Gegenzug gibt es virtuelle Charaktere, die maskenartige Gesichter besitzen, die zum Fürchten sind. Die verschiedenen Stadtviertel wurden optisch zwar ordentlich umgesetzt, fallen aber teilweise durch Detailarmut auf.

Ein rauer Ton
Die Geschichte ist nichts für zartbesaitete Gemüter. Rohe Gewalt ist an der Tagesordnung, rassistische Sprüche bringen die Ohren zum bluten und der Umgang mit dem weiblichen Wesen ist alles andere als nett. Doch das Spiel macht das mit Absicht. Der raue Ton der 60er-Jahre wurde bewusst so hart getroffen. Farbige werden diskriminiert, Frauen geschlagen, Drogenkonsum gehört zum Alltag. Die harte Realität von damals wird dem Spieler immer wieder vor Augen geführt. Das sind keine blossen Stilmittel, sondern intensive Geschichtsstunden, die wie ein Schlag in die Magengrube wirken.

Wem das alles doch zu starker Tobak ist, kann im Spiel immer noch Playboy-Magazine aus den 60er-Jahren sammeln, darin blättern und sogar Original-Artikel von damals lesen.

Unterhaltung und Geschichte
Fazit: Wer eine simple Rachegeschichte mit wohl dosierten, überraschenden Storywendungen spielen mag, kommt voll und ganz auf seine Kosten. Trotz etwas schwacher Technik und optischen Unschönheiten ist «Mafia 3» ein unterhaltsamer Thriller geworden, bei dem es wie bei vielen Filmvorlagen zünftig zur Sache geht. Aber auch Spieler, die sich für historische Hintergründe und sozialkritische Themen interessieren, werden hier mit dem dritten Teil fündig. Denn abseits der simplen Kampfes- und Infiltrationshandlungen wird hier ein Zeitgeist vermittelt, der beeindruckt, aufklärt aber auch zum Nachdenken anregt.

Info: «Mafia 3» ist erhältlich für Playstation 4, Xbox One und PC. Freigegeben ab 18 Jahren.

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